Juni 18

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Königliche Herzbestattung – „Ewige Herzen…“

By Frank

Juni 18, 2020


"Home is where the heart is

dieser Satz gilt im Besonderen für das bayerische Herrschergeschlecht der Wittelsbacher. Denn diese ließen vom 17. bis ins 20. Jahrhundert ihre Herzen in den Wandnischen der Gnadenkapelle von Altötting beisetzen.



Geschichtlicher Hintergrund:

In der Antike ging es um die Symbolik des Herzens. Die Griechen, später die Etrusker und Römer, insbesondere aber die alten Ägypter sahen im Herz das zentrale Organ. Es galt als Sitz des Gemüts, des Charakters und der Seele. Diese Auffassung übernahmen die Juden und die frühen Christen.

Im Jahr 1311 entschied das Konzil von Vienne, dass die Seele des Menschen im ganzen Körper beheimatet wäre, nicht nur im Herzen. Dieses Konzil, einberufen von Papst Clemens V. befasste sich unter anderem auch mit der Auflösung des Templerordens. Jacques de Molay, letzter Großmeister der Templer, soll am 19. März 1314 auf dem Scheiterhaufen in Paris, Papst Clemens V. verflucht haben und ihm mit dem Tod binnen Jahresfrist gedroht haben. Der Papst starb am 20. April 1314.

Die getrennte Eingeweidebestattung wurde schon lange vor den Herrschergeschlechtern wie den Habsburgern und Wittelsbachern praktiziert. Speziell während der Kreuzzüge, als viele Kreuzfahrer fern der Heimat verstarben, war es üblich ihre Organe zu entnehmen, den Leichnam mit Rotwein auszukochen, um so den langen Rücktransport besser überstehen zu können.



Aha! Cool ....

Die Herzbestattung hat sich aus der Eingeweidebestattung entwickelt, d.h. im Mittelalter wurden meist Brust- und Baucheingeweide entnommen, unter anderem auch um die Verwesung des Körpers zu verlangsamen. Die Brusteingeweide (Precordia) wurden meist durch ein längs aufgeschnittenes Brustbein, die Baucheingeweide (Viscera) durch einen weiteren Längsschnitt vom Schwertfortsatz bis zum Schambein entfernt.

Und wer vollzog die Herauslösung des Herzens? Vor der Erlaubnis von Sektionen waren dies Mönche, die den Sterbenden begleitet hatten, oder sonstige Personen aus der Entourage. Später dann Ärzte, Chirurgen (die damals nicht zum Ärztestand zählten) oder Bader, ab dem 18.Jahrhundert dann Leibärzte oder Ärzte der Universität, ab dem 19.Jahrhundert auch berühmte Pathologen.

Neben der Herzbestattung gabe es auch die Zweifachbestattung von und Corpus und die Dreifachbestattung Herz-Eingeweide-Corpus, zum Beispiel bei den Habsburgern, den Wittelsbachern oder den Würzburger Fürstbischöfen. Herzbestattungen erfolgten überwiegend in Kirchen.


Thanatologie - was ist das?

Unter Thanatologie oder auch Thanatopraxie versteht man die fachgerechte Anwendung und Durchführung von Maßnahmen am verstorbenen Körper um diesen zeitweise haltbar zu machen oder rekonstruierende Maßnahmen durchzuführen.

Die thanatologische Versorgung Verstorbener bezeichnet man auch als „Modern Embalming“ – also eine moderne Form der Einbalsamierung. Bei dem Begriff „Einbalsamierung“ denken die meisten zuerst an das alte Ägypten und an Mumien. Doch außer dem Namen hat die moderne Form mit der Einbalsamierung von damals nichts mehr gemein. 



Unglaublich - Anzahl der Herzbestattungen!

Herzbestattungen waren vor allem im 16. und 17.Jahrhundert stärker verbreitet. Laut dem Buch "Ewige Herzen - Kleine Kulturgeschichte von Herzbestattungen sind folgende Zahlen überliefert: im 12.Jahrhundert: etwa 20 Herzbestattungen; 13. - 16.Jahrhundert: über 200 Herzbestattungen; 17.Jahrhundert: etwa 190 Herzbestattungen, 18.Jahrhundert: etwa 120 Herzbestattungen, 19. und 20.Jahrhundert: etwa 45 Herzbestattungen.

Ein moderner Vertreter dieses Brauchs ist etwa der Erfinder der Olympischen Sommerspiele, Pierre de Coubertin. Er hatte verfügt, dass sein Herz in einer Gedenksäule im griechischen Olympia vor dem antiken Stadion beigesetzt wird (1937).


Die Eingeweide der Päpste

Die meisten gucken natürlich zum Trevibrunnen. Wenige nehmen Notiz von der Kirche in ihrem Rücken: Barock von der Stange (wie an hunderten Orten in der ewigen Stadt). Eshandelt sich um eine Basilika, die den Märtyrern Vincentius und Anastasius gewidmet ist - hier ruhen die Eingeweide der Päpste.

Ein "Museum der Geschlinge und Gedärme" nannte es der römische Mundartdichter Giuseppe Gioacchino Belli. Man schnuppert unwillkürlich, aber wenn es unangenehm süßlich riecht, dann ist es garantiert nur der Rosenweihrauch der Bulgarisch-Orthodoxen, die hier gelegentlich Gottesdienst feiern...

Die vergänglichen Teile, so der Rektor der Kirche, dicht versiegelt in Tonkrügen, eingelassen ins Mauerwerk zu den Seiten des Altares. Er sagt, er habe den engen Gang mit den Urnendepots nur ein einziges Mal gesehen, als er sich von der Baufälligkeit der dort befindlichen Treppe überzeugte. Er machte eine Miene, als liege der Fluch der Pharaonen über dem Ort...

Die Apostelnachfolger sollen nach ihrem Tod würdig verabschiedet werden, und das päpstliche Begräbnisritual kennt dafür eine neuntägige Trauerfeier. Früher war der Verstorbene dabei für einen beträchtlichen Zeitraum aufgebahrt. In den römischen Sommermonaten schuf das Probleme. Die Eingeweide mussten raus, damit die Toten sich nicht zu Monstren aufblährten...


"Was gesät wird, ist verweslich, was auferweckt wird ist unverweslich" 

(Wort des Apostel Paulus)




Was gibt es Prickelndes zu sehen?

Gnadenkapelle in Altötting

Altötting - Gnadenkapelle und Schatzkammer

Diesen heiligen Bezirk bezeichnete Papst Benedikt XVI. einst wie folgt:

"Herz Bayerns und eines der Herzen Europas"

Die schwarze Madonna von Altötting stammt wahrscheinlich vom Anfang des 14. Jahrhunderts. Viele Heilungen auf ihre Fürsprache sind bezeugt. Sie ist der Grund dafür, dass jedes Jahr Hundertausende Pilger in den bekanntesten Marienwallfahrtsort in Deutschland strömen, um die 66 cm große Statue in der Gnadenkapelle zu sehen.

Angeblich wurde sie im Jahr 1330 am Oberrhein aus Holz geschnitzt und kam dann der Überlieferung nach über das Zisterzienserkloster Raitenhaslach letztendlich nach Altötting. 

Ein Besuch der Schwarzen Madonna in der Gnadenkapelle empfiehlt sich nicht nur den Gläubigen, sondern allen Kunstliebhabern. Zu den Besuchermagneten gehören die rund 2.000 Votiv- und 50 Mirakeltafeln sowie die Herzurnen der bayerischen Könige und Fürsten. Ebenso eindrucksvoll ist das historische Monumentalrundgemälde und UNESCO-Denkmal Jerusalem-Panorama Kreuzigung Christi.

Wohl eines der berühmtesten Marienbildnisse und Wallfahrtsziele der Welt: Bereits drei Päpste sind zur Schwarzen Madonna in der Gnadenkapelle zu Altötting gepilgert: Papst Pius VI. im Jahr 1782, Johannes Paul II. im Jahr 1980 und im Jahr 2006 Papst Benedikt XVI.

In der Gnadenkapelle fanden insgesamt drei Körperbestattungen (1633, 1634 und 1666) statt. Daneben erfolgten über einen Zeitraum von mehr als 300 Jahren 28 Herzbestattungen

Sichtbar in Nischen aufgestellt sind unter anderem:

  1. König Ludwig I. (+1868)
  2. König Ludwig II. (+1886)
  3. König Otto (+1916) - wurde wegen Krankheit von Prinzregent Luitpold als Regent vertreten
  4. König Ludwig III. (+1921)


Die in den Mauernischen aufgestellten Urnen sind ausschließlich aus Silber, z. T. vergoldet und mit Edelsteinen geschmückt. Die Anzahl von Herzurnen in dieser materiellen und künstlerischen Qualität an einem Platz ist weltweit einzigartig!


Der Begriff "Altötting - Herz Bayerns" bezieht sich jedoch nicht auf die Tatsache, dass hier die meisten Herzbestattungen stattfanden, sondern

der Ort seit Jahrhunderten christlich religiöses Zentrum Bayerns ist.




Gnadenkapelle Altötting

Kapellplatz, 

84503 Altötting



About the author

Es ist wertvoller einen Ort im Detail zu erleben, als viele kleine Eindrücke eines unbegreifbaren Ganzen.

Genius Loci - den Geist eines Ortes für sich zu entdecken, einzufangen und zu erleben. Wahrnehmen - verstehen - genießen!

Als diplomierter Wirtschaftsingenieur mit zusätzlichem MBA-Studium an renommierter Universität in England (EMBA, EQUIS und AACSB akkreditiert) habe ich mehr als 30 Jahre auf C-Level (Vorstand Marketing und Vertrieb weltweit) für andere oft überraschende Wege zum Erfolg aufgezeigt.

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