März 5

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Goaßlschnalzen – Tradition mit Überschall-Knall

By Frank

März 5, 2023


Ursprünglich kommt die Bezeichnung von der Fuhrmannpeitsche, die im bairischen Dialekt „Goaßl“, also Geißel genannt wird. Das Schnalzen bezieht sich auf das laute Knallen der Peitsche, mit dem sich die damaligen Fuhrleute vor unübersichtlichen Stellen bemerkbar gemacht haben. In früheren Jahrhunderten wurde von vielen Fuhrleuten bei der Einfahrt in Ortschaften oder bei verschiedenen Gelegenheiten mit der Peitsche geknallt – so wie heute die Hupe eingesetzt  wird…




AHA! Cool...


Kommunizierende Peitschen

Zur Unterscheidung der Fuhrwerke setzten die Fuhrleute immer spezifischere Knallfolgen ein. So entstanden bestimmte Schlagfolgen und -arten, wie der Vorhandschlag, der Rückhandschlag, der Doppelschlag und den Triangel.

  • Einfacher Schlag – d.h. einen Schlag, bei dem einfach immer wieder ausgeholt und (Vorhand oder Rückhand) geschlagen wird
  • Doppelschlag, den „Doppelten“ – das ist der traditionelle Fuhrmannsschnalzer, hin und zurück bzw. links und rechts (Vorhand und Rückhand)
  • Den Triangel, den kompliziertesten und schwierigsten Schlag – d.h. zwischen den Doppelschlägen wird ein zusätzlicher Schlag eingeschoben, allerdings in doppelter Geschwindigkeit, dass es insgesamt 5 Schläge ergibt

Im Laufe der Zeit entwickelten sich so richtige Erkennungsmelodien, wobei einzelne Fuhrleute beachtliche Geschicklichkeiten entwickelten.


Kommunikation in den Bergen

Hirtinnen und Hirten haben über weite Distanzen mit der „Goaßl“ von Alm zu Alm geschnalzt, um miteinander zu kommunizieren zu können. Damit wurde signalisiert, dass es ihnen auf der abgeschiedenen Alm gut geht und dass sie noch am Leben sind.

Goaßlschnalzen in den Bergen mit sonnigem Gegenlicht

Goaßlschnalzen in den Bergen



Unglaublich



Durchbrechen der Schallmauer

Eine Peitsche knallt, wenn sich das Ende einer Schnur ihrer Schnur durch den Schlag auf Überschallgeschwindigkeit beschleunigt wird. Wie bei einem Jet entsteht beim Durchbrechen der Schallmauer eine Schockwelle.

1998 hatten Peter Krehl und Stephan Engemann vom Ernst-Mach-Institut von der Fraunhofer Gesellschaft sowie Dieter Schwenkel von der Video Kommunikation GmbH gemessen, dass die Schlaufe am Ende der Peitschenschnur zum Zeitpunkt des Knalls eine Beschleunigung von Null auf 2000 km/h in einer Sekunde, also das 50.000-fache der Erdbeschleunigung erreicht hat – doppelte Schallgeschwindigkeit! Der erste Mensch, der die Schallmauer durchbrach, war also nicht ein Jetpilot, sondern ein Goaßlschnalzer…


Die Technik entscheidet

Der Knall entsteht nicht durch das Aufschlagen der Schnur am Boden, sondern durch das Schlagen in der Luft, das schneller ist als der Schall. Der Überschall-Knall entsteht tatsächlich durch das Herzstück der Goaßl, das Hanfseil. Dessen Ende, der Schmitz, erzeugt den Knall.

Die Kunst des Schnalzens besteht darin, mit Einzel- und Doppelschlägen den Takt zu halten – und zwar alle im Team. Und natürlich muss jeder Schlag ordentlich knallen. Tempo, Lautstärke, Rhythmus, das sind die entscheidenden Faktoren, nach denen die Passen beurteilt werden.


Ein Jahr Training für komplexe Folgen

Die meisten schnalzen mit rechts, die andere Hand in die Hosentasche. Es gibt auch besondere Talente, die beidhändig schnalzen. Das erfordert eine außerordentliche Konzentration. Schon Anfänger brauchen meist ein Jahr, um komplexere Schlagfolgen zu beherrschen.

Auftritte in Fernost (z.B. Oktoberfesttournee in Malaysia) erzeugten besonderes Erstaunen: „Die Asiaten haben in der Goaßl immer nach dem Schwarzpulver gesucht, weil sie nicht geglaubt haben, dass das so laut knallt.“



Was gibt's Prickelndes zu sehen


Das Apernschnalzen

Das Aperschnalzen, das vom Stephanitag (26. Dezember) bis zum Faschingsdienstag (letzter Tag vor Fastenzeit) in Bayern und Österreich (vor allem Grenzgebiet rund um Salzburg) stattfindet ist dieses Tiroler Brauchtum mittlerweile UNESCO Kulturerbe. Mit dem lauten Knall sollen die Goaßlschnalzer den Winter vertreiben und den Frühling willkommen heißen.

Laut UNESCO ist der Brauch seit Ende 18. Jahrhunderts belegt. Das Wort leitet sich vom althochdeutschen apir, übersetzt schneefrei, ab.

Geschnalzt wird in Passen, einer traditionell neunköpfigen Gruppe, in zwei Durchgängen, bei der die Knallton-Salve die Formation in rund neun Sekunden durchläuft. Hauptrequisit ist eine über fünf Meter lange Peitsche, die Goaßl. Den Abschluss bildet ein Durchgang namens „Bosch“, bei der die Gruppe synchron knallt.


Das Whip Cracking – Peitschen knallen…

In den letzten 5000 Jahren hat sich die Peitsche vom Bestrafungsinstrument zum Arbeitsgerät von Cowboy’s zum Sportgerät mit hohem Spaßfaktor entwickelt. Das Peitschentraining hat eine Fitness-Komponente, durch welche die gesamte Muskulatur beansprucht wird. Es bedarf eine hohe Koordination und perfektes Timing, bis zum ersten Mal die Schallmauer durchbrochen wird. Nicht zu vergessen, der Spaß, den es macht, mit der Peitsche umzugehen:

  • Zielübungen – Abschneiden von Blumen oder Nudeln
  • Wrapping – fangen und einwickeln von Gegenständen mit der Peitsche
  • Achtsamkeitstraining – der meditative Aspekt der Peitsche sprich Du bist im Hier und Jetzt
  • Karabatsche schnellen – aus ledernen Riemen oder Hanfseilen geflochtene Peitsche mit einem kurzen Holzstiel. Eine Acht über dem Kopf schwingen…
About the author

Es ist wertvoller einen Ort im Detail zu erleben, als viele kleine Eindrücke eines unbegreifbaren Ganzen.

Genius Loci - den Geist eines Ortes für sich zu entdecken, einzufangen und zu erleben. Wahrnehmen - verstehen - genießen!

Als diplomierter Wirtschaftsingenieur mit zusätzlichem MBA-Studium an renommierter Universität in England (EMBA, EQUIS und AACSB akkreditiert) habe ich mehr als 30 Jahre auf C-Level (Vorstand Marketing und Vertrieb weltweit) für andere oft überraschende Wege zum Erfolg aufgezeigt.

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