Juli 4

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Oberammergau – Reminiszenz an den schwarzen Tod

By Frank

Juli 4, 2020


Vor fast 400 Jahren begann die Geschichte der Passionsspiele in Oberammergau.

Die Pest wütete in vielen Teilen Europas und machte auch vor Oberammergau nicht halt. Um dem Elend ein Ende zu setzen, beschlossen die Oberammergauer ein Gelübde abzulegen. 1633 schworen sie, alle zehn Jahre das Leiden und Sterben Christi aufzuführen, sofern niemand mehr an der Pest stirbt.


Das Dorf wurde erhört und so spielten die Oberammergauer 1634 das erste Passionsspiel. Ihr Versprechen haben die Oberammergauer bis heute gehalten. Vom 16. Mai bis 4. Oktober 2020 finden bereits die 42. Oberammergauer Passionsspiele statt. Seit 2014 sind diese als Immaterielles Kulturerbe der UNESCO deklariert und anerkannt. Etwa 500.000 Besucher besuchten in 2010 die über 100 Aufführungen.


Augen schließen und zuhören - himmlisch...



Aha! Cool...

Erst seit 1894 weiß man, dass sie Pest durch Bakterien im Blut hervorgerufen und durch Flöhe von Ratten auf den Menschen übertragen wird.

Woher die Pest kam, wussten die Menschen des Mittelalters noch nicht wenngleich recht zügig erste Theorien verbreitet wurden. Das reichte von wahlweise schlechten Winden, einer ungünstigen Konstellation von Mars, Jupiter und Saturn bis hin zu verseuchtem Wasser, welches die Menschen vielerorts für die neue Krankheit verantwortlich machten.



Pest als Vorbote der Apokalyse

In seinem Holzschnitt der apokalyptischen Reiter gab Albrecht Dürer den Grundängsten des vormodernen Menschen eine über Jahrhunderte gültige sichtbare Gestalt.

Die vier Reiter verkörpern Sieg, Krieg, Hunger und Tod; dem biblischen Text der Apokalypse nach kommen sie, um mit dem Schwert, durch Hunger und Pest zu töten.

Die Pest stand für Angst, Machtlosigkeit und Untergang. Da man ihre Ursache nicht kannte, galt sie als Geisel Gottes. Mit ihr strafte Gott in regelmäßigen Wellen die sündhafte Menschheit, so glaubte man.


Oberammergau – Reminiszenz an den  schwarzen Tod

Vier Reiter Apokalypse, Holzschnitt Albrecht Dürer, 1497


Pestdoktor und die Erfindung der Quarantäne

Bis im 18.Jahrhundert wurde Europa von Pestwellen heimgesucht. Noch wusste man nicht, dass die Krankheit durch Flöhe von Ratten übertragen wurde. Aufgrund der fehlenden Hygiene wimmelte es in den Städten von Ratten, und die Seuche konnte sich rasch ausbreiten.

Man versuchte den Gestank durch Rauch zu bekämpfen. Mit dem Räuchern verbesserte man indirekt auch die hygienischen Zustände. Doch die Ärzte waren weitgehend machtlos, so eindrucksvoll sie in Ihrer bizarren Schutzkleidung auch wirken mochten.

Erst nachdem mehrere Hunderttausende Menschen gestorben waren, wurde klar, dass die Ausbreitung der Seuche durch die Isolation der Kranken eingedämmt werden konnte. Um 1423 gab es erstmalig auf einer Insel bei Venedig das erste Pestkrankenhaus Europas.

Die Venezianer vermuteten einen Zusammenhang zwischen Pest und Schiffsverkehr und Reisende mussten zunächst für 40 Tage unter Beobachtung – daher der Begriff „Quarantäne“ aus ital. „quaranta = 40“ (quaranta giorni). Ein Pestbrief war ein Gesundheitspass, der 1374 in Venedig eingeführt worden war.


Oberammergau – Reminiszenz an den  schwarzen Tod

Pestdoktor mit Schnabelmaske


Unglaublich


Juden als Brunnenvergifter?

Verantwortliche für das verseuchte Wasser waren ebenso schnell gefunden. Die Juden wurden als Brunnenvergifter beschuldigt und daraufhin verfolgt, vertrieben oder ermordet. Skeptiker bemerkten zwar, dass auch die Juden an der Pest erkrankten und starben aber es war nun mal ein brauchbares Feindbild. In Folge wurden ganze jüdische Viertel abgebrannt und ihre Bewohner ermordet.


Rolle der Kirche

Im Mittelalter vertrat man die Auffassung, dass das diesseitige irdische Leben nur Übergangs- und Durchgangsstadium in ein besseres Leben im Jenseits war. Taten der Buße und gute Werke bereiteten dabei auf das Leben im Jenseits vor. Für die Menschen waren Krankheiten vor allem eine Strafe Gottes.

Oberammergau – Reminiszenz an den  schwarzen Tod

Geissler in Deutschland

Die Kirche, die gegen den Schwarzen Tod trotz reichster Opfergaben der Gläubigen nicht helfen konnte, verlor immer mehr ihren Einfluss. Die Folgen der Pest erschöpften sich nicht nur in dem dramatischen Bevölkerungsverlust. Die Pest belastete die gesamte Sozialordnung. Priester verließen ihre Gemeinden, Ärzte die Kranken…

Manche Gläubige begannen damit, sich selbst zu geißeln. Durch diese Maßnahmen wollten sie für Ihre Sünden büßen und dafür sorgen, dass sie es im Jenseits guthaben würden. Auch der Ablasshandel der Kirche nahm in den Zeiten der Pest enorm zu. Mithilfe von Ablässen konnten sich die Menschen für eine bestimmte Zeit von ihren Sünden und somit auch vom reinigenden Prozess des Fegefeuers freikaufen.



Bezug zu den Passionsspielen

Pfarrer Daisenberger schreibt in seiner Ortschronik: „Die ersten Jahrzehnte des 17. Jahrhunderts vergingen für Oberammergau in glücklicher Ruhe. Aber nun kam die überaus bedrängnisvolle Zeit des dreißigjährigen Krieges, der vom Jahre 1618 bis zum Jahre 1648 geführt wurde, und dessen Gedächtnis unter dem Namen des Schwedenkriegs noch im Volke fortlebt.

Schon im Jahre 1631 rissen sowohl in Schwaben als auch in Bayern ansteckende Krankheiten ein. Das hiesige Dorf wurde durch fleißiges Wachehalten vor der Ansteckung bewahrt bis zum Kirchweihfeste 1632. Da brachte ein Mann von hier, namens Kaspar Schisler, die Pest ins Dorf.

In dem großen Leidwesen, welches die furchtbare Krankheit über die Gemeinde gebracht hatte, sind die Vorgesetzten der Gemeinde zusammengetreten, und haben das Gelöbnis gemacht, die Passionstragödie alle zehn Jahre zu halten, und von dieser Zeit an ist kein einziger Mensch mehr gestorben, obwohl noch etliche die Pestzeichen an sich hatten.“

Am Pfingstfest führten die Oberammergauer auf einer Bühne, die sie auf dem Friedhof über den frischen Gräbern der Pesttoten aufschlugen, erstmals das „Spiel vom Leiden, Sterben und Auferstehen unseres Herrn Jesus Christus“ auf.



Pandemie - Seuche der Menschenfeindlichkeit

Eine Pandemie ist eine sich schnell verbreitende, ganze Landstriche, Länder und Kontinente erfassende Krankheit. Sie bleibt im Gegensatz zur Epidemie nicht regional begrenzt. Dies kann schnell die Funktionstüchtigkeit des Wirtschaftslebens und der öffentlichen Ordnung gefährden sowie zu einer Überlastung der Gesundheitsversorgungsstrukturen führen.

In der Geschichte gab es drei große Pest-Pandemien, die die Welt heimsuchten, bevor der Auslöser der Krankheit schließlich entdeckt wurde: die Justitianische Pest, die im Jahr 561 vor Christus bis zu 10.000 Menschen pro Tag tötete. Der schwarze Tod, der zwischen 1334 und 1372 bis zu einem Drittel der europäischen Bevölkerung auslöschte und immer wieder in kleinen Ausbrüchen auftrat. Und die dritte Pest Pandemie, die zwischen 1894 und 1959 in großen Teilen Asiens wütete.


Erst 2010 wurde im Fachmagazin "PLoS Pathogens" eine Studie veröffentlicht, bei der Forscher endlich das Mysterium der Pest auf einem alten Londoner Friedhof entzaubert haben. Bis dato missglückten der eindeutige Nachweis des Bakteriums. Das Milzbrand Bakterium oder dem Ebola-Virus ähnliche Erreger könnten den Schwarzen Tod verursacht haben, vermuteten Forscher.

Ein internationales Forscherteam hat nun in Knochen und Zähnen, die aus einem Massengrab in East Smithfield stammen, erneut nach Spuren des Pest-Bakteriums Yersina pestis gesucht - und ist fündig geworden. Yersina pestis war für den Schwarzen Tod verantwortlich erklärt Johannes Krause von der Universität Tübingen.

 Das Team vom Fachbereich Geowissenschaften nutzte neueste Techniken, um das in verschwindend geringen Mengen vorliegende Erbgut (immerhin 650 Jahre alt!) der Bakterien anzureichern und auch kleine Fragmente nachweisen zu können. Krause bezeichnet das als "molekulares Angeln".



Was gibt es Prickelndes zu sehen


Lüftlmalerei  -  "Bayrisch Graffiti"

 

So schön wie aufgeklappte Bilderbücher...


Die farbige Gestaltung von den Hausfassaden in der Region Oberammergau, Mittenwald, Garmisch, … sollte zum einen die Illusion von Architektur vermitteln, Säulen, Treppenanlagen, Fenster und Türen darstellen, die es in Wirklichkeit gar nicht gab. Zum anderen in der häufigen Darstellung von Heiligen und biblischen Szenen fanden dann persönliche Schutzbedürfnisse und die Gläubigkeit der katholischen Bevölkerung ihren Ausdruck.


Oberammergau – Reminiszenz an den  schwarzen Tod

Rotkäppchenhaus, Oberammergau


Lüftlmalerei ist Freskomalerei und sehr haltbar. Fresko (ital. pittura a fresco: Malerei auf der frischen Wand). Es ist eine Maltechnik, bei der in Kalkwasser angeriebene Farbpigmente auf Kalkputz aufgetragen werden, solange dieser noch nass ist und deshalb nicht abblättern kann. Anders ausgedrückt, in einer chemischen Reaktion „verkieseln“ die Farben mit dem Putz und machen die Bilder so wetterfest und für lange Zeit haltbar.

Wenn das Wasser verdunstete, nahm der Kalk unter Bildung von Kalziumkarbonat Kohlensäure aus der Luft auf, und die Farbpigmente verbanden sich mit dem Kalk. Dieser chemische Prozess macht aus der Malerei eine steinharte, wasserunlösliche Schicht, deren glasiger Schimmer noch immer seinen Reiz entfaltet.

Die Freskomalerei war bereits im alten Ägypten, in der minoischen Kultur Kretas und auf dem Peloponnes bekannt. Im 16.Jahrhundert erlebte diese Technik ihren Höhepunkt mit dem „Jüngsten Gericht“ im Vatikan und der „Schöpfung“ von Michelangelo in der Sixtinischen Kapelle.

Die Herkunft des liebenswürdigen Begriffs Lüftlmalerei ist unklar. Wahrscheinlich verbindet sich das Wort Lüftlmalerei mit dem Künstler Franz Seraph Zwinck, der zwischen Mittenwald und Oberammergau eindrucksvolle Bildprogramme geschaffen hat. Das Anwesen der Familie Zwinck trug, so ist es für das 19.Jahrhundert nachweisbar, den Hausnamen „Lüftl“.

Inspirationsquellen für Zwincks Lüftlmalereien waren durch Grafiken verbreitete Bildschöpfungen von Künstlern wie zum Beispiel Paul Rubens. Die Drucke stammten aus Augsburg, den Niederlanden und Italien. Vorlagen tauschte man unter seinesgleichen oder bekam sie von Händlern, die von Ort zu Ort zogen.

Oberammergau – Reminiszenz an den  schwarzen Tod

Lüftlmalerei


Leavenworth – bayerisches Brauchtum als erfolgreiches Exportgut…

Leavenworth wirkt bayerischer als ein bayerisches Dorf. Die Kleinstadt im Nordwesten der USA lebt vom weiß-blauen Brauchtum. Rustikale Architektur, Lüftlmalerei und deutschsprachige Wegweiser lassen Bayern-Flair aufkommen. Ungefähr eine Million Besucher kommen jedes Jahr in den 2000 Einwohner-Ort im Bundesstaat Washington




Oberammergauer Passionstheater

Theaterstr. 16

82487 Oberammergau



About the author

Es ist wertvoller einen Ort im Detail zu erleben, als viele kleine Eindrücke eines unbegreifbaren Ganzen.

Genius Loci - den Geist eines Ortes für sich zu entdecken, einzufangen und zu erleben. Wahrnehmen - verstehen - genießen!

Als diplomierter Wirtschaftsingenieur mit zusätzlichem MBA-Studium an renommierter Universität in England (EMBA, EQUIS und AACSB akkreditiert) habe ich mehr als 30 Jahre auf C-Level (Vorstand Marketing und Vertrieb weltweit) für andere oft überraschende Wege zum Erfolg aufgezeigt.

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