Fassaden, Brunnen, Turmspitzen, Brücken oder auch Gullydeckel - das Münchner Kindl ist allgegenwärtig in der Stadt.
Man muss nur ein bisserl schauen. Münchens offizielles kleines Stadtwappen zeigt einen nach rechts blickenden Mönch mit einer schwarzen Kutte mit goldenem Rand und roten Schuhen im silbernen Wappenschild.
Er hat die rechte Hand zum Schwur erhoben, in der linken hält er ein rotes Eidbuch oder Stadtrechtsbuch, so die offizielle Deutung. Aber auch ein Evangelienbuch und eine segnende Hand werden für möglich gehalten. Die Wappen - es gibt auch noch ein weniger bekanntes großes Stadtwappen - gelten seit 1957 und sind sogenannte redende Wappen. Sie verweisen auf den Namen der Stadt, der bei der ersten urkundlichen Erwähnung 1158 Munichen - vom althochdeutschen Munich für Mönch - lautete.
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Weiterentwicklung der Stadtwappen "Münchner Kindl"

München_Wappen Quelle:Münchner-Spaziergänge.info/blog
Das erste überlieferte Stadtsiegel aus dem Jahr 1239 zeigt den Kopf eines Mönchs mit übergezogener Kapuze in einem stilisierten Stadttor. Von 1304 an wird ein stehender Mönch mit Tonsur, Segenshand und Evangelienbuch dargestellt. Der Mönch im Dreiecksschild gilt seit 1304 als Wappensymbol der Stadt. Die erhobene Rechte des Mönches wird als Segnungsgeste gedeutet. Das rote Buch in der Linken verweist auf das Eidbuch der Stadt (dazu passt die rechte Schwurhand) oder das Stadtrechtsbuch, das als rot gebundene Handschrift von 1365 überliefert ist. Es wird auch als Evangelienbuch interpretiert.
Bereits seit dem 16. Jahrhundert wurde das Stadtwappen von verschiedenen Künstlern immer wieder verändert und anders dargestellt. Dabei wurde der Mönch mehr und mehr verkindlicht. Erstmals 1727 ist die Bezeichnung Münchner Kindl nachgewiesen.
Säkularisation 1803
Nach dem Vorbild Frankreichs wurde den Kurfürsten die Möglichkeit eröffnet, sich Land, Vermögen und Rechte der katholischen Kirche, der freien Reichsstädte und kleinerer Reichsfürsten anzueignen. Diese Enteignung des Kirchenbesitzes wird als Säkularisation ("Verweltlichung") bezeichnet. Am 25. Februar 1803 wurde dieses Vorgehen durch den so genannten Reichsdeputationshauptschluss gesetzlich abgesichert. Durch die Annektion von Hochstiften und Klöstern in Altbayern, Franken und Schwaben konnte es seine linksrheinischen Verluste an Frankreich mehr als ausgleichen.
Im Zuge der Säkularisation seien 1803 in Bayern nicht nur die Klöster aufgehoben worden, auch der Mönch im Münchner Wappen habe weichen müssen. Doch Bürgerproteste und der spätere Sturz des verantwortlichen Ministers Montgelas hätten den Mönch ins Münchner Wahrzeichen zurückkehren lassen. In seiner heutigen Form existiert es seit 1957 und dient als Hoheitszeichen der Ämter und Institute von München.
Zum Leben erweckt, zur Kultfigur erkoren...
Zum Leben erweckt wurde das Münchner Kindl erstmals vom Maler Kaspar Braun. Er ließ das Münchner Kindl (dargestellt als einen Jungen) in seiner Zeichnung aus dem Jahre 1847 aus dem Wappen steigen. Der 85 Meter hohe Rathausturm wird gekrönt von dem Münchner Kindl, das von Anton Schmid geschaffen wurde, wobei dessen Sohn Wiggerl (Ludwig Schmid-Wildy) Modell stand. Dann erreichte die Figur - besonders auf Ansichts(post)karten - eine überwältigende Popularität, die auch Aufschluss gibt über das damalige Lebensgefühl der Münchner und ihrer Besucher.
Um die Jahrhundertwende war das Postkarten schreiben so populär, wie Selfies vor dem Eifelturm. Es brach eine Kindl-Manie aus und vom beliebten Postkartenmotiv zierte es Logos und Gegenstände und wurde gerne in Alltagsszenen dargestellt. Ziemlich oft hatte es verdächtig rote Backerl, einen Maßkrug, Radi oder Radieserl in der Hand.
Unglaublich
Münchner Kindl - Erst männlich, dann weiblich...
Ursprünglich war das Münchner Kindl übrigens ein Kerl. Ein Mönch, genauer gesagt, der für den ersten urkundlichen Namen unserer Stadt steht: apud Munichen steht. Munich ist die althochdeutsche Bezeichnung für Mönch. Als offizielle Wappenfigur trägt das Münchner Kindl eine goldgeränderte schwarze Kutte und rote Schuhe, hält in der linken Hand ein rotes Eidbuch und die rechte zum Schwur erhoben. Seit dem 16. Jahrhundert wurde das Stadtwappen von verschiedenen Künstlern verändert und anders dargestellt. Weil der Mönch dabei immer mehr verkindlicht wurde, nannte man ihn erstmals im Jahr 1727 Münchner Kindl. In den 1920er Jahren schließlich wurde aus dem Jungen ein Mädchen.
Münchner Kindl in der Nazi-Zeit
1936 erhielt die Hauptstadt der Bewegung durch Führer-Erlass ein neues Wappen, das bis1945 in Gebrauch war: Über dem Tor mit dem Mönch wurde der Löwe durch den Hoheitsadler des nationalsozialistischen Regimes ersetzt, die Dächer der Tor Türme und die anschließende Zinnenmauer fielen weg. 1949 kehrte man zu den zwei Wappen von 1865 zurück, für die Eduard Ege modern stilisierte Entwürfe schuf.
In der NS-Zeit verdichtet sich das Image des Münchner Kindls in der Bierwerbung. Es kommen schwarzweiße Ansichtskarten auf, mit den neuen Sehenswürdigkeiten... das "Braune Haus", das "Haus der Deutschen Kunst", die "Führerbauten" am "Königlichen Platz". Der 2.Weltkrieg schließlich ist zu furchtbar, ihn begleiten keine Münchner Kindl-Einsätze. In den Jahren nach dem 2.Weltkrieg erlebt das Münchner Kindl nur einen schwachen Aufstieg in der Selbstdarstellung Münchens und der Bierwerbung.
Was gibt's Prickelndes zu sehen
Wegbegleiter durch München
Das Münchner Kindl verkörpert jedoch nicht nur das Stadtwappen. Es ist auch ein Münchner Wesen, das auf verschiedenen Festen und Veranstaltungen präsent ist. Als wichtigster Auftrittsort des Münchner Kindls gilt das Oktoberfest. Es führt den Einzug der Wiesnwirte des Oktoberfestes an und steht neben dem Oberbürgermeister der Stadt, wenn er das Fest mit einem feierlichen „Ozapft is“ eröffnet.
Auf einem Pferd sitzend, in einer schwarz-gelben Franziskanerkutte gekleidet und einen Maßkrug haltend, führt das Münchner Kindl auch den traditionellen Trachten- und Schützenumzug an, der jährlich am ersten Sonntag des Oktoberfestes stattfindet. Seit 1938 wird regelmäßig eine junge Münchnerin vom Festring München e. V., meist aus dem Kreise der Brauereien, Schausteller oder Wiesn-Wirte, zum Münchner Kindl berufen und repräsentiert als eine Art Botschafterin die bayerische Landeshauptstadt.
Berühmte Münchner Kindl waren beispielsweise Pumuckl-Autorin Ellis Kaut 1938 oder die Moderatorin Hannelore Fischer 1979/80.

Münchner Kindl Quelle: Pinterest
Das Münchner Kindl wird oft als Symbol
für die bayerische Gemütlichkeit und Lebensart verwendet und ist
ein wichtiger Bestandteil der bayerischen Kultur, Gastfreundschaft und Offenheit der Stadt.